Transfusionen und Chelat-Therapie1,2,3,4
Für Patienten mit Beta-Thalassämie major oder intermedia, die an einer Blutarmut (Anämie) leiden und für die eine Stammzelltransplantation oder eine Gentherapie nicht in Frage kommt, ist die lebenslange Transfusion von roten Blutkörperchen (Erythrozytenkonzentrate) fester Bestandteil ihrer Therapie. Dabei werden dem Organismus rote Blutkörperchen von einem anderen Menschen zugeführt. Bei Kindern mit Thalassämie major beginnt die Transfusionstherapie meist schon im Säuglingsalter. Bei Patienten mit Thalassämie intermedia leiten Ärzte die Behandlung ein, sobald die Anämie Beschwerden oder Komplikationen verursacht (zum Beispiel Blässe, rasche Ermüdbarkeit, Milzvergrößerung, Gedeihstörungen oder Veränderungen am Knochen).
Ein wichtiges Ziel der regelmäßigen Transfusionen ist es, die eigene, krankhafte Blutbildung zu unterdrücken und gleichzeitig die Komplikationen einer Blutarmut (Anämie) zu verhindern. Hierfür ist ein Basis-Hämoglobinwert von mindestens 9 Gramm pro Deziliter erforderlich. Nach einer Transfusion sollte der Wert sogar deutlich höher liegen, nämlich bei etwa 13 bis 13,5 Gramm pro Deziliter. Unabhängig von körperlichen Beschwerden leiten die Ärzte eine Transfusionstherapie auch dann ein, wenn der Hämoglobingehalt im Blut wiederholt auf unter 8 Gramm pro Deziliter abgesunken ist. Normal sind bei Kindern Hämoglobinwerte von etwa 10 bis 16 Gramm pro Deziliter.
Warum sind regelmäßige Bluttransfusionen bei einer Anämie so wichtig?
Eine Anämie kann für Menschen mit einer Beta-Thalassämie schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben. Dazu zählen zunächst die typischen Anämiesymptome wie Blässe, rasche Ermüdbarkeit oder Atemnot bei körperlicher Aktivität. Zusätzlich kann die Anämie diverse schwerwiegende Folgeerkrankungen induzieren (zum Beispiel Leber- und Milzvergrößerung, Wachstumsstörung, Skelettveränderungen, Kompressionssymptome, Knochenerkrankung, Thrombosen/Embolien). Eine weitere wichtige Komplikation der chronischen Anämie ist ein gestörter Eisenstoffwechsel und die primäre Eisenüberladung.
Warum muss man bei regelmäßigen Bluttransfusionen Eisenbinder einnehmen?
Zu den wichtigsten Nebenwirkungen einer langfristigen Transfusionstherapie zählt die Eisenüberladung, weil dem Körper mit jeder einzelnen Transfusion auch erhebliche Mengen Eisen zugeführt werden. Der menschliche Organismus ist allerdings nicht in der Lage, überschüssiges Eisen selbständig wieder auszuscheiden. Deshalb müssen transfusionspflichtige Beta-Thalassämie-Patienten zeitlebens sogenannte Eisenchelatoren einnehmen. Diese Medikamente binden das Eisen und sorgen dafür, dass es über den Urin und den Stuhlgang wieder aus dem Körper gelangt. Um eine gefährliche Eisenüberladung rechtzeitig zu erkennen, prüfen die Ärzte im Rahmen einer Transfusionstherapie regelmäßig den Eisengehalt im Blut und eventuell in der Leber und am Herz. Anhand der gemessenen Eisenwerte können sie entscheiden, ob eine Behandlung mit eisenbindenden Medikamenten erforderlich ist und wie hoch die Medikamente dosiert werden müssen.
Hat eine Bluttransfusion weitere Nebenwirkungen?
Da der Betroffene bei einer Bluttransfusion Blut von einem fremden Spender erhält, kann es in seltenen Fällen zu einer Abwehrreaktion (Immunsystem) des Körpers kommen. Diese Abwehrreaktion äußert sich beispielsweise durch Fieber, allergische Reaktionen wie Hautausschlag oder einen gesteigerten Abbau der Blutzellen. Außerdem besteht ein gewisses Risiko für die Übertragung bestimmter Infektionskrankheiten, zum Beispiel HIV oder Hepatitis. In Deutschland kommt dies jedoch sehr selten vor, da das Blut aller Spender vor der Verabreichung umfassend getestet wird.